Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2025/2026

(Ratssitzung am 18.12.2024) von Dr. Volker Brand, Vorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushalt 2024 war in schwerem Fahrwasser. Der Doppelhaushalt 2025/2026 ist ebenda. Die mittelfristige Finanzpolitik für die nächsten fünf Jahre prognostiziert ein gewaltiges finanzielles Delta in unserer Etatplanung. Nicht einmal sagenhafte fast fünfzig Millionen Rücklagen reichen anscheinend aus, um die riesigen Löcher im Haushalt zu stopfen. Bereits im zu verabschiedenden Doppelhaushalt soll unser finanzielles Polster aufgebraucht sein und nur fiskalisch – ordnungspolitische Spielereien wie die Genehmigung von Verlustvorträgen bewahren uns bei diesem Zahlenwerk vor einer Haushaltssicherung. So weit – so schlecht.

Dr. Volker Brand
Aber – ich muss an dieser Stelle noch einmal auf den von mir geprägten Begriff Kindler – Effekt zu sprechen kommen. Es scheint dem Selbstverständnis von Kämmerern zu entsprechen, ihre Prognosen in eher düsterer Perspektive zu verorten. Die aufgeschreckte Politik hält sich dann dieser Prognose folgend mit Projekten erkennbar zurück, ganz nebenbei bedeuten weniger Ratsanträge auch für die Verwaltung weniger Arbeit. Die stringente Erfahrung mit unserem Kämmerer führt nahezu vollständig zu dem Effekt, dass am Ende des Jahres der städtische Ergebnisplan signifikant besser aussieht als die haushalterische Prognose. So auch im vergangenen Jahr, wenn sich ein erwartetes zweistelliges Millionendefizit plötzlich in ein Millionenplus am Ende des Jahres wandelt.

Freilich kann die politische Kaste diesen Tatbestand erfreut zur Kenntnis nehmen. Ich sehe hier allerdings auch ein Ärgernis. Was musste sich die schwarz – grüne Mehrheit im vergangenen Jahr von der Opposition in diesem Haus alles anhören: „Katastrophenhaushalt“, „einmaliges finanzielles Desaster“ etc.

Nun, solche Entwicklungen machen nachdenklich und trotzdem ist es dem Stadtkämmerer mit diesem Doppelhaushalt gelungen, ein solch hinreichend defätistisches Bild zu malen, dass alle hier im Rat davon ausgehen müssen, in den kommenden Jahren kommt auf die Stadt tatsächlich eine finanzpolitische „Saure – Gurken – Zeit“ zu. Wie oben bereits erwähnt, werden wir wohl unsere umfangreichen Rücklagen aufbrauchen, die Liquidität ist durch lange nicht mehr erlebte Kassenkredite arg strapaziert, steigende Zinsen fordern den Schuldendienst. Überhaupt soll die Verschuldung der Stadt – die sich vor zehn Jahren erfreulich fast halbiert hatte – nun in den nächsten Jahren in ungeahnte Höhen ansteigen. Möge der Kindler – Effekt das alles zumindest dämpfen: Prinzip Hoffnung.

Fast 200 Millionen EURO per anno weist dieser Doppelhaushalt auf. Ein Großteil der Ausgaben ist dabei pflichtig und entzieht sich dem Einfluss der Politik. Wir haben es mit ausufernden Anforderungen bei der Kreisumlage zu tun. Die aktive Sozialpolitik von Bad Oeynhausen kostet viel Geld, genauso wie unsere Feuerwehr und Rettungsdienste. Die Personalkosten im öffentlichen Dienst steigen rapide, viele Investitionen der Vergangenheit müssen zudem noch umgesetzt bzw. fertiggestellt werden. Damit nicht genug, auch die Unternehmenstöchter der Stadt melden zum Teil hohen zusätzlichen Finanzbedarf an.

Natürlich wünschen wir uns, wie alle Kommunen, Hilfen von Kreis, Land und Bund. Aber es ist besser, auf die eigene Kraft zu setzen und diese Hilfe nicht fest einzuplanen. Zu oft sind die Kommunen da schon enttäuscht worden.

Auf dieser Folie hat sich Politik zu bescheiden, finanzpolitisch ist Zurückhaltung die erste Bürgerpflicht. Ganz bewusst spiegelt sich diese Zurückhaltung in der Zustimmung der schwarz – grünen Koalition zum Haushalt wider. Uns war es wichtig, aus Gründen der Rechtssicherheit, die Hebesätze der Grundsteuer B, nicht zu differenzieren, sondern einheitlich zu belassen. Nun aber von 820 Punkten um ca. 100 Punkte abgesenkt. Gleichzeitig haben wir uns im Sinne der Steuergerechtigkeit für eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer eingesetzt. Auch in künftigen Jahren können wir benötigte Mehreinnahmen nicht nur bei der Grundsteuer B einfordern, die Betriebe vor Ort werden einen verkraftbaren Mehranteil schultern müssen und können.

Im Bildungsbereich – das zeigte eine gemeinsame Sitzung von Schul- und Jugendhilfeausschuss im September gibt es Handlungsbedarf. Wir werden uns dieser Entwicklung nicht verschließen und haben für 2026 300 TEURO eingestellt, um u.a. durch zusätzliche Schulsozialarbeiterstellen und Hilfen im Kita – Bereich auf diese Herausforderungen zu reagieren. Dafür soll die Verwaltung in 2025 noch zusätzliche konzeptionelle Erläuterungen geben. Dies wird zu Verzögerungen um einige Monate führen. Aber das ist es dann auch.

Sich in der jetzigen Situation zu bescheiden, heißt nicht, politische Ziele über den Haufen zu werfen. Über den Tag und über den Doppelhaushalt hinaus gilt es mittelfristig, die Frage nicht aus den Augen zu verlieren, wo will diese Stadt hin.

Bleibt sie auch in zehn Jahren noch ein El Dorado für den Autoverkehr, der sich im wahrsten Sinne des Wortes selber im Weg steht.

Oder machen wir – wie andere Städte uns in weiser Voraussicht vormachen – endlich Ernst mit einer Verkehrswende, die diese Stadt für alle Bürgerinnen und Bürger lebenswerter macht.

Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung müssen wir schneller raus aus den Medien Gas und Öl, um schnellstmöglich Bad Oeynhausen zu einer klimaneutralen Kommune auszubauen. Hier liegt ein ganz zentraler Baustein unserer Daseinsvorsorge. Hier wird unsere Verantwortung für die Zukunft nachfolgender Generationen manifest. So sehr die ausufernden Bilder von immer extremeren Wetterkatastrophen, die Jahr für Jahr um die Welt gehen, die immer dringlicheren Warnungen von über 99% der Wissenschaftler auf fatale Weise bestätigen, so phänomenal ist die eskapistische Reaktion eines erheblichen Anteils der Bevölkerung, vor dieser Entwicklung die Augen zu verschließen und den Auguren des Klimawandels zunehmend aggressiv entgegenzutreten. An die Adresse der AfD gerichtet: Ich kann darauf verzichten, eines Tages aus diesen Kreisen zu hören: „Sorry, da lagen wir wohl daneben.“ Die Politik der rechtsextremen Internationale ist dafür verantwortlich, dass längst notwendige Handlungsschritte unterbleiben. Im Klartext: Wir reden nicht mehr über ein Grad, nicht über 1,5 Grad bis am Ende dieses Jahrhunderts, laut einer aktuellen KI – Prognose von drei Grad bis 2060. Ist Ihnen überhaupt klar, was das bedeutet, Herr Groh? Für uns ist das absolut unverantwortlich. So gesehen bleibt die Handlungsperspektive für globales Denken lokal.

In diesem Kontext bleibt für uns die innovative Modernisierung der Stadtwerke sehr wichtig. Wir halten es für einen kapitalen ökologischen Fehler, bis zum Sankt Nimmerleinstag das Geschäft unseres hiesigen Gasanbieters dahingehend zu unterstützen, den fossilen Brennstoff Gas bis zum maximal möglichen Tag zu vertreiben.

Beim Thema Fernwärme verspielen wir gerade eine große Chance, indem wir kooperationswillige Hausbesitzer mit überzogenen Kalkulationen von der Fernwärme wegtreiben. Mehr grüne Energie auszubauen wäre das Gebot der Stunde gewesen.

Wir halten weiter fest an Projekten wie Car – Sharing, an ökologischen Verbesserungen der Abfallentsorgung, an einer Reduzierung des MIV. Und warum verschweigen, dass wir auch Fehler gemacht haben: durch das Einschlafen der Stadtverkehrsgesellschaft haben wir mögliche Verbesserungen im ÖPNV verspielt. Das war suboptimal.

Vor diesem Hintergrund gilt es jedoch zu betonen, allen Problemen zum Trotz haben wir Bad Oeynhausen als lebenswerte vitale Stadt erhalten. Bad Oeynhausen schrumpft nicht, wie demographisch vorhergesagt. Bad Oeynhausen ist eine lebendige Stadt mit 50 000 Einwohnern. Bad Oeynhausen ist nicht arm und trotzdem sexy.

Und freilich gibt es Punkte, bei denen sich kontinuierliche Arbeit in und für Bad Oeynhausen auszahlt. So sind wir in unserer Stadt bei der kommunalen Wärmeplanung, hier besonders das Bestreben, künftig auf  Tiefengeothermie zu setzen, und beim Klimaschutz gut aufgestellt.

Die Lage ist besser als uns das so manche glauben lassen wollen. Aber – wir alle dürfen nicht zulassen, dass durch eine Überdramatisierung extreme politische Kräfte von der Kritik an unserer demokratischen Kultur profitieren. Und auch hier gilt: Das Wir zählt.

In diesem Sinne habe ich für die Aufmerksamkeit zu danken.

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