Klares Votum gegen den gebundenen Ganztag am IKG – Aber so einfach ist die Sache nicht

Einstimmig bei zwei Enthaltungen hat die Schulkonferenz des Immanuel – Kant – Gymnasiums die Einführung des gebundenen Ganztags zum zweiten Mal abgelehnt.

In den letzten Monaten haben sich alle Gremien der Schule intensiv mit dieser Thematik beschäftigt, Ganztagsgymnasien wurden hospitiert, Erfahrungen ausgetauscht und am Ende wurde – ganz der klassischen Bildung folgend – in dialektischer Art und Weise in einem 14seitigen Schriftstück das Für und Wider subsumiert. So konnten Schüler, Eltern und Lehrer, anscheinend gespeist mit einem Optimum an Objektivität, ein realistisches Bild zeichnen, ob der gebundene Ganztag für das Gymnasium in Frage kommt – oder eben nicht.

Eine scheinbar glasklare Entscheidung, in der alle Argumente Berücksichtigung gefunden haben. Ich möchte dieser Entscheidung trotzdem in drei Punkten entgegentreten:

  1. Auch wenn dies relativ offen von der Schulleitung kommuniziert wurde, so muss daran erinnert werden, dass der Anstoß diesmal von der Verwaltung kam. Es ging darum, dass das Land im Rahmen eines gebundenen Ganztags bauliche Maßnahmen wie z. B. die Errichtung einer Mensa bezuschussen würde. Frühzeitig hatte die Politik dem Gymnasium signalisiert, diesen Prozess positiv und produktiv zu unterstützen. Nun ist diese Chance vertan, das Problem der fehlenden Mensa bleibt aber bestehen und es ist absehbar, dass jetzt von der Stadt gefordert wird, die Mensa allen finanziellen Nöten zum Trotz allein zu finanzieren.
     
  2. „Offener Ganztag ist o.k., aber gebundener Ganztag ist gruselig“, dieses Lehrerzitat bringt die Vorbehalte der Lehrerschaft treffend auf den Punkt. Es verdeutlicht: Ganztag von freien Trägern organisiert und durchgeführt ist ein Erfolgsmodell in vielen Schulen der Stadt und wird von immer mehr Eltern nachgefragt, aber bitte ohne die Lehrerschaft. Viele Kolleginnen und Kollegen sehen sich beim gebundenen Ganztag in ihrer Freiheit und damit auch in ihrer Freizeit eingeschränkt. Dies ist Schülerinnen und Schülern natürlich aus gleichen Gründen leicht vermittelbar und erklärt, dass ein Schulterschluss zwischen Lehrkörper und Schülerschaft in dieser Frage rasch herzustellen ist. Es lässt sich nicht wegdiskutieren: Der Widerstand gegen den gebundenen Ganztag hat in der Lehrerschaft seinen Ausgangspunkt.
     
  3. Natürlich ist es sinnvoll, es den Schulen zu überlassen, wie sie sich programmatisch entwickeln wollen. Dummerweise sieht die internationale Bildungsforschung in der Existenz von Ganztagsschulen ein klares Kriterium für Qualitätsentwicklung von Bildung. Kein Wort bei der Entscheidungsfindung des IKG hierzu, kein Wort dazu, dass Deutschland in diesem Bereich absolut unterentwickelt ist und dass Deutschland bei allen PISA- bzw. OECD – Studien dieses Desiderat um die Ohren geknallt bekommt.

In nicht so ferner Zukunft werden Schulen anders aussehen. Wir werden uns vielleicht einmal wundern, dass auch in Bad Oeynhausen bis weit in das 21. Jahrhundert Schulen ohne Ganztag ausgekommen sind. Wer den gebundenen Ganztag ablehnt, der verspielt damit auch eine große Chance, die Schullandschaft in Bad Oeynhausen qualitativ zu verbessern.

Dr. Volker Brand
Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

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