Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und der Sicherheit des Fahrradfahrens in Bad Oeynhausen

Seit fast zwei Jahrzehnten versucht die Stadt Bad Oeynhausen sowohl seitens des Rates als auch der Verwaltung den Radverkehr zu fördern und im besonderen das Siegel “Fahrradfreundliche Stadt” zu erlangen. In regelmäßigen Abständen werden daher Beschlüsse gefasst, deren Inhalt durchaus in die richtige Richtung geht, deren Umsetzung das große Ziel aber eher als Lippenbekenntnis erscheinen lassen. So wurde der bisher einzige Anlauf, sich der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte anzuschließen und die begehrte Auszeichnung zu erhalten, auch mit deutlichen Worten abgelehnt.

Zu wenig Bereitschaft sei in Rat und Verwaltung zu erkennen, den Radverkehr – gerade auch den Alltagsradverkehr abseits des Tourismus – tatsächlich und mit spürbaren Einschränkungen zu Lasten des motorisierten Verkehrs zu fördern. Seitdem ist viel Wasser die Weser hinunter geflossen und geändert hat sich sehr wenig. Immer noch scheint Fahrradfahren für die meisten Verantwortlichen eine Freizeitbeschäftigung zu sein und hat nichts im Straßenverkehr zu suchen. Jedenfalls nicht, wenn dies vor einem Auto stattfindet. So etwas wurde tatsächlich wörtlich gesagt!

Natürlich kann man mit einer solchen Einstellung keine Maßnahmen umsetzen, die nachhaltig die Quote derer erhöht, die das Rad benutzen, um damit zur Arbeit zu fahren, einzukaufen oder den Besuch bei Freunden abzuwickeln. Schwierig ist es in den Köpfen aller zu verankern, dass ein Fahrrad ein gleichberechtigtes Verkehrsmittel ist. Die Straßenverkehrsordnung weiß das schon seit dem letzten Jahrhundert. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat es im Herbst letzten Jahres erneut bestätigt – “deutlich”! Ich habe schon oft gesagt: “Fahrradfreundlicheit” ist keine Ingenieursleistung.

Fahrradfreundlichkeit ist eine ganzheitliche, selbstverständliche Grundhaltung und Einstellung. Es braucht keinen Fahrradbeauftragten, der einen engen Rahmen bekommt, in dem er sich einzelne Punkte herauspicken kann, um sich daran mit dem Rest der Verwaltung zu reiben. Die Berücksichtigung der Fahrradfahrer muss eine Selbstverständlichkeit sein. Bei allen Planungen. Wir haben das Glück, in Bad Oeynhausen eine im wesentlichen angenehme Infrastruktur zu haben. Viele 30er-Bereiche, im Vergleich wenig befahrene Straßen, die man problemlos auch mit dem Fahrrad benutzen kann.

Hinderlich dabei sind nur einige Benutzungspflichten für vermeintlich sichere Radwege. Hinderlich ist die Kommunikation in Presse und Verwaltung, die Radler viel zu oft als Rambos und Gefährdung für alle anderen präsentiert. Hinderlich ist der wenig konsequente Umgang mit zugeparkten und in schlechtem Zustand befindlichen Radwegen. Hinderlich ist auch die Vernachlässigung der touristischen Radler, die auf einem der meist befahrenen und vielfach ausgezeichneten Fernradwanderwege nur durch vergammelte und schlecht lesbare Beschilderung darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie gerade eine schöne Kurstadt passieren. Hinderlich ist sicher auch die Tatsache, dass ein sich dann doch mal in die Innenstadt verirrter Radwanderer lange suchen muss, bis er die Touristinfo findet und diese dann noch nicht einmal mit dem Rad erreichen kann. Hat er diese Rätsel gelöst, wird er feststellen, dass es kaum Angebote für ihn gibt.

Warum wird eine so sinnvolle Einrichtung wie der Arbeitskreis “Fahrradfreundliche Stadt”, der sich aus Freiwilligen und Ehrenamtlichen rekrutierte und die Stadt sicher so gut wie kein Geld gekostet hat und der alle diese Kritikpunkte bereits vor Jahren erkannt und teilweise konkrete Lösungen erarbeitet hat, einfach einschlafen lassen? Es macht fast den Eindruck, man hätte sich erschrocken, dass aus dem Kreis wirklich handfeste und umsetzbare Dinge gefordert wurden. Die Presse hat das Thema in den letzten Wochen aufgegriffen, nachdem in den letzten Jahren das Thema bereits an sie herangetragen wurde. Was letztlich den Auslöser gegeben hat, dass die Kritik zu diesem Zeitpunkt laut wird weiß ich nicht. Es ist auch egal, Hauptsache es war keine Eintagsfliege und man beschäftigt sich nun ernsthaft, sachorientiert und abseits eingefahrener Autopfade mit dem Thema. Nur eine “Helmaktion” zu veranstalten hat mit Fahrradfreundlichkeit jedenfalls nichts zu tun.

Dass der fossilbrennstoffbetriebene Individualverkehr in der jetzigen Form kein Zukunftsmodell ist, sollte vielen Leuten dämmern. Die Meisten bemerken es wahrscheinlich erst an der Zapfsäule. Bleibt zu hoffen, dass auch diese die richtigen Schlüsse ziehen und die für sie sinnvollen Weichen stellen. Im folgenden sind Punkte aufgeführt, die der Umsetzung bedürfen, möchte man sich “Fahrradfreundlich” nennen. Einige sind sehr konkret, andere weiter gefasst und eher ein Grundgerüst, alle sind wichtig:

  • Aufhebung der Benutzungspflichten für Radwege gemäß der StVO, insbesondere vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes aus 2010
  • z.B. Detmolder Straße, Steinstraße, Weserstraße, Eidinghausener Straße, Volmerdingsener Straße, Ringstraße/Bergkirchener Straße, Dehmer Straße, Valdorfer Straße
  • Öffnung der Portastraße / Paul-Baehr-Straße für den Fahrradverkehr
  • Öffnung des Kurparks für Fahrradfahrer mindestens von Am Kurpark bis zur Tourist-Info im Haus des Gastes – idealerweise auch die Querung des Kurparks bis zum Westkorso
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Aufstellfläche für Radfahrer nebst geführtem Streifen dorthin am Bahnübergang der Detmolder Straße vor der Haltelinie für den motorisierten Verkehr
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 vorgeschlagen
  • Umsetzung der Fahrradstraße im Verlauf Bachstraße, Hüffer Straße und Blücherstraße (bereits beschlossen)
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Umsetzung der Vereinfachung im Bereich der Einmündung Niederbecksener Straße und Weserstraße. Hier sollte ein Durchgang von der Ampelquerung direkt zur Rolandstraße geschaffen werden
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Umsetzung der Parkflächen für den Radverkehr im Bereich der Innenstadt
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Erstellung “Radkarte” Bad Oeynhausen
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • regelmäßige Kommunikation der Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Hinweise auf Benutzungspflichten bzw. den Entfall derselben bei Neuanlage/Änderung von Verkehrsanlagen
  • Umgestaltung alter “Drängelgitter” und Anpassung an die aktuelle ERA, z.B. Apostelweg
  • Umgestaltung der Unterführung Mindener Straße zum Sielpark (Erinnerung: Todesfall!)
  • Absicherung der Verkehrsführung auf die Fahrbahn bei Ende von Radwegen durch entsprechende Markierungen auf der Fahrbahn, z.B. Werster Straße am Ortseingang Werste, Volmerdingsener Straße/Weizenweg
  • -> wie im Arbeitskreis Fahrradfreundliche Stadt bereits in 2009 erarbeitet
  • Verdeutlichung der Radfahrerfurt im Eidinghausener Kreisel nebst offensiver Kommunikation der Vorfahrtsregelung für den Rad- und Fußgängerverkehr!
  • Verbesserung und Überprüfung der Ampelschaltungen
  • z.B. Querung der Einfahrt zum Werrepark an der Dehmer Straße, Steinstraße/Mindener Straße
  • Lichtzeichenanlage an der Querung Alter Postweg und Verlauf des alten “Alter Postweg”
  • Lichtzeichenanlage an der Querung Dehmer Straße in Höhe Sportplatz
  • Ertüchtigung Else-Werre-Radweg im Bereich der Unterführung der Eidinghausener Straße (bereits beschlossen)
  • Neubesetzung bzw. Übertragung der Funktion/Stelle des Fahrradbeauftragten
  • optische Aufwertung der Fahrradstation
  • Aufnahme von entsprechenden Hotels und Pensionen in die einschlägigen Radwanderführer, z.B. “bikeline”
  • Einführung eines öffentlichen Mängelkatasters mit öffentlicht einsehbaren Rückmeldungen der Verwaltung

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